re:publica15 Recap Tag 3

Am Tag 3 der re:publica15 lag Wehmut in der Luft. Viele Leute waren schon mit ihren Reiseköfferchen auf der STATION, es wurden schon Morgens Abschiedstweets versendet, es franste etwas aus und die Aufmerksamkeit auf die Themen sank allgemein. Zeit also für ein persönliches Fazit. Was bleibt?

„Finding Europe“, dieses Motto blieb mir zu blaß. Es war zwar in den Sessions vorhanden, aber oft nur im Kontext „Flüchtlinge“. Schön wäre ein länderbezogener Überblick über Best Practice und Stand der Dinge in Sachen Internet in einzelnen europäischen Ländern gewesen.

NSA und die Niederlagen in der Netzpolitik scheinen erst einmal akzeptiert zu sein. Es beginnt aber das Nachdenken über neue konstruktive Ideen und Lösungen, um in diesem Bereich wieder mehr Gestaltungsautonomie zu erlangen.

Was manche sich nicht vorstellen konnten: Es geht geht auch ohne @saschalobo. Das spricht dafür, daß die re:publica erwachsen geworden ist, autonom.

Die Community lebt, der Geist der re:publica auch. Und daher beginnt schon jetzt nach der re:publica15 die Vorfreude auf die re:publica16.

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@leonidobusch mit einem schönen Vortrag über Verwertungsrechte und Verwertungsmodelle. Er skizziert sogar zum Schluß in einer Matrix, wie die einzelnen Verwertungsstufen in einem „Fairen Urheberrecht“ geregelt werden könnnten. Video anschauen, da müssten die Einzelheiten zu sehen sein: „Coverversionen sind legal-Mashups in der Grauzone / Es ist aber nicht legal in D. eine Coverversion einer Coverversion zu machen / In D. sind die Rechte für Remixprodukte nicht geklärt / You tube ist das einzige Biotop im Internet, in dem Remixkultur veröffentlicht werden kann“

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Der große polnisch-britische Soziologe und Philosoph Zygmunt Baumann (89!) war mein persönliches Highlight an Tag drei. Er sprach über Privatheit im Internet: „Wir sind immer weniger mit uns alleine, das ist der Verlust der Privatheit / Anstelle von Privatheit träumen wir von der Publicity: Ich werde gesehen, also bin ich! / Die Idee von der Privatheit ist heute nicht damit verbunden, frei zu sein, sondern einsam / Durch Facebook&Co. wird das Gefühl der Einsamkeit unterdrückt, dadurch gibt es das Alleinsein nicht mehr / Wir leben in zwei Welten, virtuell und offline, dadurch verliert die Privatheit laufend an Attraktivität / Die Angst davor, ausgeschlossen zu sein, ist die Angst unserer Zeit/ Wir leben im Moment, unsere derzeitige Kultur ist dadurch keine lerndende, sondern eine vergessende / Wir brauchen eine reflexive Moderne, gleichzeitig sind wir noch weit davon entfernt, selbstreflexiv genug zu sein“.

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@diplix beendete den Sessionmarathon mit dem Thema „kognitive Dissonanz„. Es war witzig und lehrreich zugleich, Video lohnt bestimmt: „Lernen und studieren ist nichts anderes als schärfen des Blicks / Urteile sollten reine Arbeitsthesen sein, die wir jederzeit revidieren können sollen, wenn es erforderlich ist / Empörungswellen sind gleichzeitig Wertedebatten / Stichworte für ein angemessenes Verhalten: filtern, selbstreflexieren, weg von der Ich-Bezogenheit, Inseln der Vernunft bilden, Orte der Besinnung (wie z.B. die re:publica), ambiguitätstoleranz üben, Widersprüche schätzen / Wahrheit ist immer ein Kompromiss“.

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The End is the Party: Ja, das Bild haben wir gemacht, mit unseren Handy-Taschenlampenlichtern!

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Wie immer: Dank, Gesang, Konfetti und ein großes „Wir-Gefühl“

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Zum Schluß nur noch das:

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re:publica15 Recap Tag 2

Am Ende des ersten Tages der re:publica15 fragte ich mich noch, ob die #re15 wieder so gut werden würde, wie die #re14. Am Morgen des zweiten Tages konnte ich es kaum erwarten, bis es losging. Da wusste ich: Die re:publica wird mich auch in diesem Jahr wieder inspirieren, auch deswegen, weil die Themen so vielfältig sind. Bezogen auf meinen Beruf als Fundraiser ist es umso spannender, die gesellschaftlichen Trends und Entwicklung wahrzunehmen. Nirgendwo sonst gelingt mir das so gut wie hier. Meine Livetweets von Tag drei könnt Ihr unter @mtuerk mitverfolgen.

Der Tag begann mit @wilddueck und seinem Thema „Schwarmdummheit“. Nun ja, es ist auch der Titel seines neuen Buches, aber wieso bekommt dieser Mann nur 30 Minuten Redezeit zugebilligt.Schade, er hat viel zu sagen und wie er es sagt, das ist einfach super kurzweilig: „Utopiesyndrome sind unerfüllbare Ziele, die nur mit untauglichen Dingen erreichbar sind / Schwarmdummheit ist, wenn Menschen vergessen, daß bestimmte Dinge nicht gehen / Worüber wir nachdenken müssen, ist, nicht dumm-einfach, sondern dumm-intelligent zu handeln.

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Tja und dann kam es danach noch zu einer Begegnung der besonderen Art:

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@AndrejSoldatov ist ein Internetaktivist aus Russland. Er erzählte uns, wie die Überwachungsorgane in Russland es anstellen, daß die Aktivisten, weniger durch direkte Zensur, sondern durch technische Maßnahmen Zuhörer und Reichweite verlieren – ein trauriges Kapitel unserer Realität. Soldatov ging dann noch mit Edward Snowden ins Gericht, dem er vorwarf, daß er so tue, als ob er nicht in Russland leben würde und daß dieser in Russland noch kein Interview gegeben hätte.

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@Astro_Alex ist Astronaut bei der ESA und durch seine Tweets während seines Aufenthalts auf der ISS bekannt geworden. Jetzt sprach er auf der re:publica und es war wirklich gut. Alexander Gerst kommt locker und sehr sympathisch rüber. Seine Begeisterung für den Job, die Mission, ist ihm anzumerken, aber er ist auch nachdenklich, was die Zerbrechlichkeit unserer Erde und unseren Anteil daran angeht: „Die Raumfahrt kann Probleme auf unserer Erde besser begreifen, weil sie den nötigen Abstand dazu hat / Mir ist klar geworden, wie stark die Menschen durch ihr tun die Erde verändern / Wenn Ihr einen Traum habt, dann laßt Euch diesen von niemandem ausreden. Gebt ihm einmal im Leben eine Chance“.

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@hdsjulian stell in seinem Blog www.vierzehnachtzehn.de die Kriegstagebücher seines Urgroßvaters online und machte damit die Erfahrung, daß sich viele Menschen daran beteiligen: „Um ein Blogprojekt zu managen, muß man jede Hilfe annehmen und Kontrolle aufgeben / Es war eine tolle Erfahrung, zu erleben, wie viele Leute Lust hatten, an meinem Tagebuchblog mitzuarbeiten / Das einzige, was mir noch an diesem Blog gehört, ist die Idee, das Tagebuch online gestellt zu haben“.

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re:publica15 Recap Tag 1

Ein Jahr ist vergangen seit der #rp14 , ein Jahr, in dem sich die digitale Gesellschaft weiterentwickelt hat, ein Jahr, in dem sich jedoch in Sachen Netzpolitik nichts Entscheidenes weiterbewegt hat. Einige Niederlagen mussten verdaut werden und es ist spannend, die re:publica15 zu besuchen, um den Stand der Dinge wahrzunehmen. Meine Livetweets könnt Ihr unter @mtuerk mitverfolgen.

Das Motto der re:publica15  „Finding Europe“ wurde bereits im Eingangsbereich schön visualisiert durch pulsierende Lichtbögen

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Der Eröffnungsset mit diesen Postulaten: Ausstieg aus der Überwachung – jetzt / Die Vorratsdatenspeicherung gehört weg – global / Laßt uns die Mauer einreißen, die die EU gebaut hat! / Laßt uns daran arbeiten, daß die Werte, die wir vertreten, auch in der Wirtschaft ankommen!2015-05-05 10.18.01

Ethan Zuckermann @EthanZ: „Das Misstrauen gegen alle Institutionen wächst, weil durch mehr Transparenz die Schwächen der Institutionen deutlicher werden“.
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Friedemann Karig @f_karig: „Verschwörungstheorien werden durch Deutungshohheiten bestimmt / Gott ist demontiert-es gibt keinen Vater mehr-das ist der Preis der Aufklärung / Die Kosten der Wahrheit sind extrem gefallen-dementsprechend schwer hat es die Lüge / Wir müssen dem Alarmismus und der Lüge den Boden entziehen-auch indem wir ab und zu die Achseln zucken und nicht so tun, als ob wir auf alles eine Antwort hätten“
2015-05-05 12.16.24Professor Dr. Bernhard Pörksen: Das Gesetz der Asymetrie und das der Unmöglichkeit der Zensur bestimmt die 5. Gewalt sowie die Macht der vernetzten Vielen / Es gibt dafür drei Muster: 1. Die Rolle als Protestgemeinschaft, Agendasetter, medienkritisches Korrektiv, 2. Die Organisationsstruktur ist das Konnektiv (wieder einen neuen Ausdruck gelernt ;)), eine Mischung aus Gemeinschaft und dem Ich, einer Ich-Wir-Gemeinschaft, 3. Das Wirkungsmuster besteht daraus, daß die Macht nicht mehr linear und strukturiert, sondern als erruptives Wirkungsnetz ausgeübt wird.

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Nettes Gimmick von @fischerappelt: Name und Empörungswort (z.B. Bushido) vor Ort twittern und die „Helden heulen“2015-05-05 13.37.59Tja, und dann waren da natürlich noch die @Pussyrriot – sie erinnerten mich etwas an David Hasselhoff im letzten Jahr, aufsehenerregend, daß sie da waren, inhaltlich kam aber nicht viel rüber, was aber vor allem an den weltfremden Fragen des Moderators lag. Schade, da wäre mehr drin gewesen, aber trotzdem war es ein gutes Zeichen, daß Pussy Riot da waren und ein Zeichen für den Kampf gegen repressive Regime setzten. Und Spaß hatten sie nach ihrem Auftritt anscheinend auch:

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