NGO’s zwischen Repressionen in Russland und Krieg in der Ukraine

In Berlin treffen sich in dieser Woche auf Einladung von Brot für die Welt rund 40 Vertreterinnen und Vertreter von NGO’s aus Russland, der Ukraine, Belarus und der Republik Moldau zu einer Konferenz. Auf einer Podiumsdiskussion wurden Erfahrungen ausgetauscht.

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Sitzend von links nach rechts:
Tetiana Basiuk, Children Well-Being Fund, Kiew
Dr. Gabriele Freitag, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, Berlin
Rima Sharifullina, EGIDA, St. Petersburg
Christine Meissler, Brot für die Welt, Berlin

Natürlich lag der Fokus auf den Ereignissen in der Ukraine, aber auch auf Russland. Unterschiedlich sind die Arbeitsbedingungen in beiden Ländern:

In Russland werden NGO’s, die sich weigern, willkürlich angeordnete, kiloschwere Papierberichte über ihre Arbeit anzufertigen, den staatlichen Behörden zu übergeben und sich von ihnen „prüfen“ zu lassen, sanktioniert. Auch wenn diese NGO’s Zuwendungen aus dem Ausland erhalten, erfahren sie Repressionen: Sie werden zu „ausländischen Agenten“ und kommen auf eine Blacklist. Die staatliche Propaganda stigmatisiert diese NGO’s zusätzlich, was dazu führt, daß diese ausgegrenzt und von weniger Menschen unterstützt werden. Außerdem werden staatlichen Zuwendungen für soziale Aufgaben dann natürlich nur an die NGO’s verteilt, die nicht auf dieser Blacklist stehen.
Für Putin sind Informationstechnologien und NGO’s die größte Bedrohung Russlands. Dementsprechend ist die Meinungsfreiheit im öffentlichen Raum eliminiert worden.
In der Ukraine ist es genau anders herum: Ein neues Gesetz für NGO’s hat zu mehr Selbstbewußtsein geführt und zu Widerstand gegen repressive Aktionen des Staates. Es gibt für NGO’s zwar kein Geld vom Staat, dafür aber mehr aus Spendenmitteln. Die Menschen sehen, dass sie besonders auf lokaler Ebene viel mehr verändern können. Es entstehen neue Netzwerke von Organisationen und es gibt eine aktivere Zusammenarbeit von Kirchen, lokalen Organisationen und NGO’s. Es werden lokale Gemeinschaftsräte gebildet, die bestimmte soziale Aufgaben gemeinsam beraten und entscheiden. NGO’s, die in der Ukraine soziale Probleme angehen, werden politisch nicht unter Druck gesetzt, Menschenrechtsorganisationen dagegen schon. Der neueste Trend: NGO’s, die Korruption bekämpfen. Mal sehen, was der Staat dazu sagen wird…

Was können NGO’s sich wehren, überleben und was können wir für sie tun?

Vernetzen
Zum einen müssen NGO’s in Russland und Ukraine sich untereinander, aber auch länderübergreifend vernetzen, da sie ein Ziel haben: Die Stärkung der Zivilgesellschaft und die Bekämpfung totalitärer Strukturen. Wenn sie nicht kooperieren, werden sie schwächer.

Kontakte pflegen
Die Plattform, die Brot für die Welt bietet, um zivilgesellschaftliche Aktivitäten zu fördern, ist ein Beispiel, wie wir im Westen unterstützen können. Das Gefühl, nicht allein zu sein, ist für die NGO’s im Osten das Wichtigste. Auch der Jugendaustausch und direkte Kontakte sorgen dafür, dem von den Medien oft verzerrten Bild der Situation entgegenzuwirken.

Im Gespräch bleiben
Für die NGO’s in Russland ist es wichtig, mit staatlichen Vertretern weiter im Gespräch zu bleiben. Denn auch in diesem Apparat gibt es Menschen, die die staatlichen Maßnahmen ablehnen und sehen, welche negativen Auswirkungen sie haben.

Öffentlichkeit schaffen
Die Maidanbewegung ist ein Paradebeispiel, aber auch so ist es wichtig, eine öffentliche Wahrnehmung zu erreichen, indem immer wieder die eigene Leistung der NGO nach vorne gestellt wird, eben PR-Arbeit für die eigene Sache.

Finanziell unterstützen
Der Westen muß die NGO’s in Russland unterstützen, die dort keine staatlichen Mittel erhalten, und zwar dafür, daß sie soziale Arbeit leisten können.
„Wir müssen kommunizieren, um zu überleben“, so Rima Sharifullina von EGIDA, einer Menschenrechtsorganisation aus St. Petersburg, „Es ist eine Frage der Zeit, daß sich auch bei uns in Russland demokratische Strukturen durchsetzen, denn den globalisierten Prozessen kann sich auch unser Land nicht entziehen“.
Es wird ein weiter Weg bis dahin und trotzdem lohnt es sich, ihn zu gehen und die Menschen dabei zu unterstützen.